Die dunkle Mühle oder Die Saga der Familie Gollwitzer von Gerd Scherm
Die dunkle Mühleoder Die Saga der Familie Gollwitzervon Gerd Scherm
Wilhelm Benedikt Gollwitzer (1901-1983) Sohn des „Oarmühlkarl“, Vater von Friederike Gollwitzer, Bewahrer der Aufzeichnungen von Karl Gollwitzer.
Wilhelm Gollwitzer begann Philosophie, Theologie und Pädagogik zu studieren, war dann aber auf Grund familiärer Ereignisse gezwungen, einen schnellen Broterwerb zu finden und wurde deshalb der Not gehorchend Lehrer. Wie für seine Cousins und Cousinen spielte für ihn das „Neue Singen“ eine große Rolle. Die „Cembalo-Abende“ in seinem Haus waren während des Dritten Reichs ein heimlicher Treffpunkt eines regimekritischen Kreises.
Wilhelm Benedikt Gollwitzer geriet in Erbendorf mehr und mehr unter Druck. Schließlich nötigte man ihn zur Mitgliedschaft in der NSDAP: »Wer die Partei ablehnt, der lehnt diesen Staat ab und hat keinen Platz mehr als Beamter. Wenn Sie es nicht nötig haben, Lehrer zu sein, können Sie gerne im Straßenbau arbeiten.« Schweren Herzens trat er in die Partei ein, doch trotz dieses Zugeständnisses blieb er weiter unter Beobachtung und als es für ihn gefährlich wurde, ließ er sich 1938 ins Lungensanatorium Hausstein im Bayerischen Wald einweisen, wohin er sich 1941 noch einmal zurückziehen musste. Nach Kriegsende machte man Wilhelm Benedikt Gollwitzer seine erzwungene Parteimitgliedschaft auch noch zum Vorwurf, was ihn sehr enttäuschte und deprimierte. Später ernannte man ihn zum Ehrenbürger von Erbendorf.
Wilhelm Gollwitzer nach Verleihung des Bundesverdienstkreuzes mit seiner Tochter Friederike.
Fluchtpunkt für Wilhelm Benedikt Gollwitzer 1938 und 1941:
»Sanatorium am Hausstein für Lungenkranke aus dem Mittelstand«
In einer Waldliegehütte des Sanatoriums Hausstein
Wilhelm Benedikt Gollwitzer, hochbetagt an seinem geliebten Cembalo
Freundinnen: Die Geschwister Friedeberg Post aus England von den Geschwistern Friedeberg an Helmut Gollwitzer in Berlin-Dahlem:
Marden House
East Harting
Petersfield
24.8.39
Lieber Herr Pfarrer,
Auf Ihren Brief, für den ich so dankbar war, sollten Sie wenigstens noch diesen Gruß als Antwort haben, bevor es zu spät ist. Was Sie über das Leiden zum Preise Gottes sagen, wird mich jetzt begleiten. Sie sollen wissen, wie stark unsere Gedanken und unser Gebet in diesen Tagen zu Euch kommen. Es ist ein Trost zu wissen, daß diese Gemeinde bleibt und nur immer lebendiger wird, und daß die Fürbitte der Gemeinde auf der ganzen Welt in diesen Tagen stärker ist denn je. „Gott kann“, daran halten wir uns noch. Unsere Mutter ist noch in Berlin. Wir wissen, daß Ihr sie nicht alleine laßt. Wenn es dazu kommen sollte, daß wir nichts mehr voneinander hören können, so soll die Gemeinschaft mit Euch nur immer fester werden.
In dieser Verbundenheit grüße ich Sie und...
...alle Freunde mit dem Wort, das Sie uns Gründonnerstag zum Abschied mitgegeben haben: Psalm 30,6.
Ihre Ilse Friedeberg
Lieber Herr Pfarrer,
haben Sie herzlichen Dank für Ihren Brief. Wir fühlen in diesen Tagen, daß uns die Verbindung zu Ihnen allen nicht genommen werden kann. Wir alle wissen, daß wir in den größten Sorgen getröstet sein dürfen. Ich kann heute nur Ihnen und der Gemeinde von Herzen Dank sagen für einen großen Reichtum.
In stetem Gedenken Ihre Erika Friedeberg
Ilse Friedeberg mit ihrer Patentochter Friederike
Erika Friedeberg bei Friederikes Konfirmation
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Gerd Scherm: Die dunkle Mühle. Eine Gollwitzer-Saga